Manche unter uns kennen vielleicht noch den Ausspruch: „Träume sind Schäume – und wer ins Bett macht, liegt im Leime.“ Dieser Ausspruch sollte einst Kindern nach einem bösen Traum ein Lächeln ins Gesicht zaubern oder auch den frisch Erwachten nach allzu verrückten Träumen mit irrwitzigen Geschehnissen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Träume können sehr aufwühlend sein, verwirrend, beglückend oder beängstigend. Aber woher nimmt unser Gehirn im Schlaf diese vielen Geschichten und Bilder? Warum vermischt es echte Erlebnisse mit fantastischen Elementen? Welche Funktion hat das Träumen eigentlich? Im Folgenden möchte ich dir einige Antworten auf diese Fragen liefern.
Warum träumen wir?
Unser Körper ist im Schlaf sehr aktiv. Besonders das Gehirn ist sehr beschäftigt. Denn es muss nicht nur an allen Ecken und Enden zu den Regenerationsprozessen beitragen. Es muss auch die Erlebnisse des Tages einordnen und, bildlich gesprochen, alles in die richtigen Schubladen stecken und nebenher auch noch ordentlich ausmisten. Dabei werden die sinnlichen Eindrücke sortiert und wichtige neue Verknüpfungen geschaffen. Was nicht mehr benötigt wird, kommt weg. Schließlich muss Platz geschaffen werden für die neuen Eindrücke, die in der nächsten Wachphase auf unser Gehirn einprasseln. Für unser Gehirn ist der Schlaf deshalb sehr wichtig. Denn während wir wach sind, nehmen wir ununterbrochen neue Eindrücke auf. Das passiert sowohl bewusst wie auch unbewusst. Während der Wachphasen ist also keine Zeit, um für Ordnung im Gehirn zu sorgen. Das kann nur dann effektiv geschehen, wenn wir nicht mehr den Bildern, Geräuschen und Gerüchen ausgesetzt sind, die wir im Wachzustand erfahren.
Babys schlafen öfter als Erwachsene
Am Beispiel eines Babys lässt sich die Notwendigkeit des Schlafens diesbezüglich gut verdeutlichen: Babys und kleine Kinder müssen nicht nur nachts, sondern mehrmals am Tag schlafen. Das liegt daran, dass die neuen Eindrücke aus der jüngsten Wachphase verarbeitet werden müssen. Die Notwendigkeit, dies im Schlaf zu tun, ist so groß, dass kleine Kinder oft sogar beim lautesten Krach oder in ungewöhnlichsten Situationen einfach so einschlafen können. Weil der Körper sagt: Das muss jetzt sein!
Als Erwachsene haben wir schon viele Eindrücke erlebt und sortiert. Wir müssen deshalb in den meisten Situationen nur noch die entsprechenden Informationen abrufen, um optimal reagieren zu können. Für uns ist nicht mehr so vieles neu wie für ein Baby. Deshalb brauchen wir in Bezug auf das Verarbeiten von Informationen auch weniger Schlaf als kleine Kinder, deren Erfahrungsschatz noch begrenzt ist.
Was genau passiert im Gehirn während des Träumens?
Das, was wir als Traum erleben, spielt sich zwischen Stammhirn und Großhirn ab. Im Elektroenzephalogramm (EEG) können Wissenschaftler ablesen, dass während der Traumphase vom Hirnstamm aus Signale an das Großhirn gesendet werden. Diese Signale bleiben nicht ohne Folgen. Sie aktivieren nämlich unter anderem auch das Hirnareal, welches für das Sehen zuständig ist. Dies vermuten Experten als Erklärung dafür, dass im Traum oft eindrückliche Bilder entstehen, obwohl unsere Augen geschlossen sind. Manchmal sind diese Bilder so real, dass wir schweißgebadet aus einem Albtraum aufwachen – etwa, wenn wir im Traum einem Monster gegenüberstehen oder uns in einem außergewöhnlichen Gebäude oder einer besonderen Landschaft mit bedrohlichen Elementen bewegen. Auch Personen aus unserer Vergangenheit oder Gesichter, die wir noch nie zuvor gesehen haben, können im Traum unglaublich realistisch erscheinen.
Träume sind nach Expertenmeinung sehr wichtig
Einig sind sich die Forscher inzwischen darüber, dass Träume wichtig für die Gesundheit sind. Es konnte inzwischen in mehreren Versuchen in der Traumforschung nachgewiesen werden: Nach rund 2 Wochen, in denen die Studienteilnehmer durch vorzeitiges Wecken vom Träumen abgehalten wurden, kam es zu messbaren psychischen Auffälligkeiten. Durch das vorzeitige Wecken wurden die Probanden daran gehindert, in die Traumphase überzugehen. Bekannt ist diese Phase als REM-Phase. „REM“ ist die Abkürzung für „rapid eye movement“, was übersetzt „schnelle Augenbewegungen“ bedeutet.
Die Wissenschaftler der Traumforschung berichteten über die Testpersonen unter anderem von zunehmender innerer Angespanntheit, von Reizbarkeit und Ängsten. Dieser offensichtliche Stress wiederum beeinträchtigt den gesamten Regenerationsprozess, den der Körper im Schlaf eigentlich vollziehen soll. Durch Stress geraten die Hormone aus dem Gleichgewicht und auf Dauer können dadurch messbare körperliche Probleme entstehen.
Die Schlafphasen und die eigentliche Traumphase
Wer einschläft, der durchläuft mehrere Schlafphasen. Während dieser Phasen finden jeweils spezielle Vorgänge im Körper statt. Auch das Gehirn hat während der unterschiedlichen Schlafphasen deshalb verschiedene Aufgaben zu erledigen. Dadurch ist auch das Träumen vor dem Hintergrund der Schlafphasen zu betrachten. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Schlafphasen sich in der Regel mehrmals pro Nacht in einer bestimmten Reihenfolge wiederholen. Ein gesunder Mensch durchläuft etwa alle 90 Minuten den kompletten Zyklus der Schlafphasen. Etwa die Hälfte der Zeit befindet sich der Mensch im Tiefschlaf, die andere Hälfte entfällt auf die REM-Phase – abzüglich der Zeit, die er zum Einschlafen benötigt.
Du siehst: Um gesund zu schlafen, braucht es Zeit. Wenn du zu wenig schläfst, nimmst du deinem Körper die Möglichkeit, sich zu regenerieren und zu Träumen. Das kann auf Dauer zum Problem werden. Deshalb solltest du Wert darauflegen, in der Nacht genug Zeit für mehrere Durchläufe aller Schlafphasen zu haben.
Die Einschlafphase
Im ersten Schlafstadium befinden wir uns in der Einschlafphase. Während wir in den Schlaf hinübergleiten, vermischen sich während einiger Minuten gefühlt oft Traum und Wirklichkeit. Der Organismus beruhigt sich und der Körper entspannt. Du atmest immer langsamer und tiefer ein und aus, dein Herzschlag verlangsamt sich ebenfalls. Die Einschlafphase dauert bis zu 30 Minuten. Wann genau wir einschlafen, können wir im Nachhinein nicht feststellen. Denn das Gehirn setzt irgendwann während der Einschlafphase Substanzen frei, die das Bewusstsein abschalten, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
Einige Menschen berichten davon, dass sie während der Einschlafphase regelmäßig etwas ganz bestimmtes träumen: zu stolpern, eine Treppenstufe nicht zu erreichen oder irgendwo herunterzufallen. Möglicherweise liegt dies an dem noch sehr leichten Schlaf während der Einschlafphase, während der der Körper viele Funktionen herunterfährt, aber trotzdem durch kleinste Geräusche wieder geweckt werden kann. In dieser Leichtschlafphase ist das Bewusstsein dann zwar bereits abgeschaltet und die Muskeln sind entspannt, aber Störungen von außen werden noch immer wahrgenommen. Abschließend wissenschaftlich geklärt ist dieses Gefühl des Fallens oder Stolperns während der Einschlafphase bisher nicht.
Tiefschlafphase
Nach dem Einschlafen und einem kurzen Übergang durch die Leichtschlafphase geht der Körper direkt in die Tiefschlafphase über. Sie ist speziell für die körperliche Regeneration wichtig. Viele Stoffwechselprozesse, Reparaturen im Körper und der Abtransport von Schadstoffen – all das passiert in der Tiefschlafphase. Das Immunsystem arbeitet auf Hochtouren. Dies ist die Zeit, während die Schlafenden nicht sofort aufwachen, sobald ein Geräusch oder eine Berührung sie stören könnte. Das Gehirn ist jetzt mit anderen Dingen beschäftigt. Die Eindrücke, die von außen an den Schlafenden herangetragen werden, werden nicht mehr sofort wahrgenommen. Sollte jemand dennoch in der Tiefschlafphase geweckt werden, ist er in der Regel nicht sofort klar bei Bewusstsein. Er muss sich dann erst orientieren und zu sich kommen. In der Tiefschlafphase sind übrigens auch die Schlafwandler unter uns unterwegs, denn die Muskeln sind in dieser Zeit ebenfalls aktiv.
REM-Phase
Wir erinnern uns: „REM“ steht für „rapid eye movement“, also „schnelle Augenbewegungen“. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem bei einer Messung der Gehirnaktivität plötzlich viel passiert. Während in der Tiefschlafphase im EEG kaum etwas zu sehen ist, schlägt die Kurve in der REM-Phase plötzlich aus. Jetzt wird auch die bisher sehr gleichmäßige Atmung plötzlich wieder schneller, Blutdruck und Puls sind erhöht. Manche Forscher gehen davon aus, dass in der ersten REM-Phase eher pragmatische Themen und auch dazugehörige Emotionen des vergangenen Tages verarbeitet werden. In der zweiten REM-Phase soll nach Meinung mancher Wissenschaftler dadurch mehr Raum zur Entfaltung der Fantasie im Traum zur Verfügung stehen – weshalb die sehr fantasievollen und irrealen Träume häufiger kurz vor dem morgendlichen Aufwachen stattfänden.
Warum vergessen wir häufig unsere Träume?
Manchmal erinnern wir uns daran, dass wir geträumt haben. Aber es fällt uns einfach nicht mehr ein, was genau der Trauminhalt war. Der Grund dafür liegt nach Meinung von japanischen Hirnforschern in der Löschung der Träume durch bestimmte Zellen im Gehirn begründet: die sogenannten MCH-Zellen im Hypothalamus.
Ins Langzeitgedächtnis schaffen es nur Informationen, die als wichtig erachtet werden. Weil das Gehirn nachts mit diesen „Löschzellen“ aus dem Hypothalamus eine Art aktiven Großputz vornimmt, werden dann unwichtige Informationen und Erinnerungen gelöscht – und das können auch die jüngsten Träume sein. Du kannst es dir in etwa so vorstellen, wie wenn du den Cache in deinem Computer leerst. Wenn du das nicht ab und zu tust, läuft das System voll. Alles wird langsamer und funktioniert nicht mehr einwandfrei. Das heißt: Auch, wenn du der Meinung bist, überhaupt nicht geträumt zu haben, stimmt das nicht. Wir träumen jede Nacht. Nur schafft es nicht jeder Traum als Erinnerung in unser Bewusstsein im Wachzustand. Das wäre auch fatal. Denn wenn unser Gehirn auch noch mit surrealen Trauminhalten aus der Nacht vollgestopft wäre – wo sollten dann noch die wirklich relevanten und teilweise lebensnotwendigen Inhalte abgelegt werden?
Können wir Träume kontrollieren?
Einen Traum bewusst steuern – geht das? Ja und nein. Diese Kontrolle des eigenen Traums im Schlaf ist unter dem Begriff „Luzides Träumen “ bekannt. Der Traum, der dann nach den eigenen Regieanweisungen entsteht, wird als Klartraum bezeichnet. Mehrere Schlafforscher berichten von Klarträumen, sowohl von eigenen als auch von Klarträumen von Testpersonen. Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass Klarträumen erlernbar ist. Der Schlüssel dazu liegt in der schlichten Erkenntnis während des Schlafens: „Ich träume gerade.“
Dieses Bewusstsein während des Schlafens zu erlangen, ist nicht immer möglich. Jede Nacht einen Klartraum zu provozieren, gelingt deshalb auch nicht jedes Mal. Denn die Aktivität einer bestimmten Hirnregion ist für das luzide Träumen von großer Bedeutung: das Stirnhirn. Es wird auch frontaler Cortex genannt. Diese Hirnregion ist dafür zuständig, Dinge kritisch zu hinterfragen. Wenn also der Cortex im Schlaf sehr aktiv ist, dann gelingt luzides Träumen besonders gut. Da wir aber nicht bewusst die Aktivität des Cortex erhöhen können, sind wir für Klarträume immer noch auf den richtigen Zeitpunkt und ein bisschen Zufall angewiesen.
Albträumen bewusst ein positives Ende geben?
Luzides Träumen wird auch in der Behandlung von wiederkehrenden Albträumen eingesetzt. Denn durch den Klartraum kann theoretisch die Handlung des Traumes zum Guten gewendet werden. Dafür bedienen sich Therapeuten allerdings meist einer „Krücke“, indem sie den Albtraum im Wachzustand umformulieren. Wenn du von einem Albtraum immer wieder geplagt wirst, kannst du ihn aufschreiben und ihm ein positives Ende hinzufügen. Wenn du dieses positive Ende verinnerlicht hast, kann es sein, dass dein Gehirn sich während des nächsten Albtraums daran erinnert und du aktiv auf dieses positive Ende umswitchen kannst.
Was verraten unsere Träume über uns?
Traumdeutung ist so alt wie die Menschheit. Was bedeutet in der Traumdeutung zum Beispiel ein Traum vom Fliegen? Bringt es Glück, wenn du von einem Marienkäfer träumst? Träumst du immer wieder von einstürzenden Häusern, weil du ein seelisches Problem hast? Die tiefenpsychologische Bedeutung von bestimmten Träumen, wie beispielsweise Sigmund Freud sie beschrieben hat, ist umstritten. Freud und andere Psychotherapeuten sehen einen direkten Zusammenhang zwischen unserem Unterbewusstsein und den Träumen, die wir erinnern. Wie konkret diese Zusammenhänge sind und welche Rückschlüsse in der Traumdeutung ganz bestimmte Bilder und Traumszenen zulassen, dazu konnte bisher keine einheitliche Meinung erarbeitet werden. Das liegt daran, dass die Erlebnisse und die Persönlichkeitsstruktur jedes Menschen zu individuell sind. Deshalb ist es fast unmöglich, aufgrund bestimmter Traumbilder mit einer Art Schablone Rückschlüsse auf Details des Seelenlebens zu ziehen.
Paralleles Bewusstsein mit wichtiger Funktion
Eines steht fest: Jeder Mensch hat Träume. Und diese Träume sind überlebenswichtig. Träume sind Erlebnisse in einem anderen Bewusstseinszustand. Sie entstehen durch neuronale „Aufräumarbeiten“ im Schlaf. Experten auf dem Gebiet der Traumforschung sind sich einig: Ohne Träume wäre unser Gehirn zugemüllt mit unnützen Informationen und würde im Durcheinander von Emotionen und Eindrücken versinken. Um klar denken zu können, konzentriert zu bleiben und Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können, müssen wir träumen. Deshalb ist ausreichend Schlaf von großer Bedeutung – nicht nur für die geistige, sondern auch für die körperliche Gesundheit. Denn wer nicht träumen kann, der ist zunehmend Stress ausgesetzt. Durch Stress entsteht ein hormonelles Ungleichgewicht. In der Folge leidet der gesamte Stoffwechsel und auch das Immunsystem. Der Körper nimmt langfristig Schaden. Damit du ausreichend Zeit zum Träumen hast, solltest du deshalb unbedingt auf ausreichend Schlaf achten. Wenn du grundsätzlich Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen hast, kannst du dies auch durch einfache Maßnahmen positiv beeinflussen. Allein schon das Wissen um bestimmte Zusammenhänge zwischen deinem Schlaf und deinen Lebensgewohnheiten kann hilfreich sein. So kannst du aktiv etwas für mehr Wohlbefinden und langfristig etwas für deine Gesundheit tun. Hier findest du Tipps für bessere Schlafhygiene.
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