Mit dem Wort „Insulin“ ist meist direkt der Gedanke an Diabetes mellitus verknüpft. Inwieweit Insulin und Diabetes zusammenhängen und welchen Einfluss du selbst auf deinen Blutzuckerspiegel und damit auf deine Gesundheit hast, erfährst du in diesem Artikel.

Was du zunächst einmal wissen musst: Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird und den Blutzuckerspiegel reguliert. Insulinresistenz liegt vor, wenn das Insulin zwar in ausreichender Menge vorhanden ist, aber nicht die erwartete Wirkung entfaltet. Dann bleibt zu viel Glukose im Blut, der Zucker kann nicht mehr richtig in die Körperzellen transportiert werden. Chronische Überzuckerung (Hyperglykämie) ist die Folge dieses gestörten Stoffwechsels. Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel wirkt sich langfristig sehr negativ auf den Körper aus – und kann in der Konsequenz sogar zu Diabetes Typ 2 führen. Aber das muss nicht passieren – du kannst aktiv gegensteuern.

Insulin und Diabetes – Welche Typen gibt es?

Meistens ist Diabetes – egal welchen Typs – ein Zufallsbefund, wenn dein Blut genauer untersucht wird. Denn die Symptome entwickeln sich schleichend und bleiben daher in vielen Fällen lange unbemerkt. Geschädigt werden durch den erhöhten Blutzuckerspiegel in erster Linie die Gefäße. Es bilden sich Ablagerungen, welche mittelfristig wichtige Funktionen deines Körpers erheblich beeinträchtigen können.

Während du als Typ-1-Diabetiker deinem Körper ein Leben lang Insulin zuführen musst, kannst du als Typ-2-Diabetiker mitunter allein durch eine Umstellung deiner Lebensweise das Problem in den Griff bekommen. Auch, wenn in besonders schweren Fällen anfangs die Gabe von Insulin notwendig sein kann, so ist dies bei Diabetes Typ 2 meist nur vorübergehend. Voraussetzung für eine Genesung ohne zusätzliches Insulin ist aber, dass du deine Lebensgewohnheiten umstellst. Denn ursächlich für die zugrundeliegende Insulinresistenz bei Diabetes Typ 2 ist in vielen Fällen neben genetischer Veranlagung ein ungesunder Lebensstil: Fettreiche Ernährung, hoher Alkoholkonsum und Bewegungsmangel tragen maßgeblich zur Entwicklung einer Insulinresistenz bei. Dabei spielen nach aktuellem Forschungsstand auch Übergewicht und vor allem das Fettgewebe am Bauch eine große Rolle.

Der Vollständigkeit halber seien an dieser Stelle auch Diabetes Typ 3 und Diabetes Typ-4 erwähnt: Beide Begriffe sind zwar offiziell nicht anerkannt, aber dennoch vielerorts gebräuchlich. Unter Typ-3-Diabetes fallen mehrere Sonderformen, die jeweils nach der Ursache unterteilt werden. Darunter fallen neben hormonellen Erkrankungen oder Auswirkungen von Medikamenten und Virusinfektionen sowohl Insulinmangel wie auch Insulinresistenz. Diabetes Typ-4 ist mancherorts als Synonym für Schwangerschaftsdiabetes gebräuchlich. Schwangerschaftshormone hemmen die Wirkung von Insulin mitunter erheblich. Deshalb kann nicht einmal die ohnehin erhöhte Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse dagegenhalten. In der Folge kann der Blutzuckerspiegel entgleisen.

Ursachen einer Insulinresistenz

Die genauen Ursachen für die Insulinresistenz werden von Experten auch heute immer noch diskutiert. Klar ist: Die meisten Betroffenen weisen sehr viel Bauchfett (abdominale Fettleibigkeit) auf. Dazu kommt es unter anderem durch übermäßige Kalorienzufuhr. Außerdem spielt eine verfettete Leber eine große Rolle beim Thema Insulinresistenz. Eine Fettleber entsteht nicht nur durch Alkoholmissbrauch, sondern auch durch eine dauerhaft ungünstige Ernährung. Eine verfettete Leber wird nicht mehr ausreichend durch Insulin reguliert und schüttet unkontrolliert Zucker aus. Das befeuert den Teufelskreis: Zu viel Glukose im Blut verlangt mehr Insulin – die Bauchspeicheldrüse muss liefern, und zwar mehr, als bei gesunden Menschen.

Außerdem: Je höher das Lebensalter, desto größer ist auch das Risiko, an Insulinresistenz und in der Folge an Diabetes Typ 2 zu erkranken.

Der Ursprung dieser Unempfindlichkeit des Körpers gegenüber dem Hormon Insulin liegt oft schon in der Schwangerschaft und im frühen Kindesalter. Schon während der Schwangerschaft werden das Kind und sein Stoffwechsel „programmiert“. Je gesünder sich die Mutter während der Schwangerschaft ernährt, desto besser ist der Start für das Kind. Heute weisen immer mehr Fachartikel darauf hin, dass das Geburtsgewicht und die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft von Bedeutung sind, wenn es um die Entstehung von Insulinresistenz geht. Auch Diabetes Typ 1 und das sogenannte „metabolische Syndrom“ können durch ungünstige Bedingungen während Schwangerschaft und Kindheit gefördert werden.

Risikofaktoren für Insulinresistenz

Es gibt bestimmte Lebensgewohnheiten, die die Entwicklung einer Insulinresistenz begünstigen. Frage dich, ob vieles auf dich und deine Lebensweise zutrifft – dann kannst du dich und dein Risiko besser einschätzen und eventuell direkt aktiv gegensteuern. Begünstigt wird Insulinresistenz unter anderem durch

  • Zucker- und weißmehlhaltige Lebensmittel
  • Softdrinks
  • Transfettsäuren (gesättigte Fette)
  • Ernährung, die auf einem hohen Glykämischen Index basiert
  • Bewegungsmangel
  • Fettleibigkeit und Übergewicht
  • Suchtmittel
  • Essstörungen und unregelmäßige Esszeiten
  • radikale Diäten, zu wenig Essen/ aber auch zu viel Essen (Bulimie, Magersucht, Orthorexie, Esssucht)
  • Schlafmangel
  • Stress Faktoren
  • manche Medikamente (Hormontabletten/ Pille)

Anzeichen einer Insulinresistenz

Ob du bereits eine Insulinresistenz entwickelt hast, darüber können dir nur entsprechende Untersuchungen beim Arzt verlässlich Auskunft geben. Anzeichen, die auf eine Insulinresistenz hindeuten, kannst du mitunter allerdings an dir selbst wahrnehmen:

  • Überhöhte Schläfrigkeit nach einer Mahlzeit (vor allem kohlenhydratreicher)
  • Allgemeine Müdigkeit oder Antriebslosigkeit
  • Gewichtszunahme (ohne Änderungen bei der Ernährung und normalen Portionsgrößen)
  • Trübheit im Kopf
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Gedächtnisprobleme
  • Kopfschmerzen
  • Gelenkschmerzen
  • Kältegefühl
  • Dunkle Verfärbungen der Haut (Acanthosis Nigricans)
  • Häufig Hungergefühl etwa zwei bis drei Stunden nach einer Mahlzeit, dann oft große Lust auf Süßes
  • Fressattacken
  • Probleme mit Gewichtsabnahme trotz einer Ernährungsumstellung/Diät
  • Getrübte Stimmung
  • Unterzuckerung in Verbindung mit Zittern, Unruhe und Angstgefühlen – das kann auch auftreten, wenn der Blutzucker im Normbereich ist.

Körperliche Folgen von Insulinresistenz

Insulinresistenz hat in erster Linie zur Folge, dass noch mehr Insulin ausgeschüttet wird. Damit will der Körper gegensteuern. Diese Überproduktion von Insulin führt zu einer sogenannten Hyperinsulinämie – also zu viel Insulin im Blut. Das ist bereits eine Vorstufe zu Diabetes Typ 2. Irgendwann gibt der Körper aber auf – denn trotz der vermehrten Insulinproduktion bleibt der Blutzuckerspiegel hoch. Dann wird es heikel. In erster Linie kommt es in der Folge zu Ablagerungen in den Gefäßinnenwänden. Besonders gefährlich ist das deshalb, weil speziell die feinen Blutgefäße mit nur sehr geringem Durchmesser das nicht lange mitmachen. Ernsthafte Durchblutungsstörungen münden dann unter anderem in

  • Störung des Fettstoffwechsels im Fettgewebe: Durch das dauerhafte Zuviel an Glukose im Blut und die erhöhte Insulinausschüttung sind die Fettzellen viel zu oft und zu lange auf „speichern“ eingestellt. Erst, wenn die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin ausschüttet, schalten die Fettzellen auf die Bereitstellung von Energie um, nur dann wird Fettgewebe abgebaut. Bei zu hoher Insulinausschüttung ist das Gegenteil der Fall: Das Fettgewebe wird mehr. Dieser Umstand begünstigt Fettleibigkeit (Adipositas) bei dauerhaft erhöhtem Insulinspiegel.
  • Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko steigt, die schlechte Durchblutung der Extremitäten kann zum Absterben von Gewebe führen bis hin zur Amputation von Extremitäten (Diabetischer Fuß).
  • Schädigung der Nerven (diabetische Neuropathie): Störungen des Empfindens, der Atmung oder der Herz- und Blasenfunktion
  • Augenschädigungen bis zur völligen Erblindung (diabetische Retinopathie)
  • Schädigung der Nieren, im Extremfall kann ein komplettes Nierenversagen (diabetische Nephropathie) die Folge sein

Neben Diabetes Typ 2 werden oft noch weitere Erkrankungen im Zusammenhang mit Insulinresistenz diagnostiziert. Zum Beispiel:

  • Metabolisches Syndrom
  • PCO (Polyzystische Ovarien)
  • PCO-Syndrom (PCOS, Polyzystisches Ovarialsyndrom)
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Nebennierenerkrankungen (Cushing- Syndrom)
  • Erkrankungen der Leber
  • Adipositas/ Fettleibigkeit
  • Hashimoto Thyreoiditis
  • Morbus Basedow
  • Alzheimer/Demenz
  • Schlafapnoe

Diagnostik

Allein einzelne Anzeichen und Übergewicht reichen für die Diagnose einer Insulinresistenz natürlich nicht aus. Du kannst aber vom Arzt gezielt untersuchen lassen, ob dein Blutzucker unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Gleichgewicht gerät. Dabei wird untersucht, wie sich Glukose und Insulin nach der Aufnahme von zucker- oder kohlenhydratreichem Essen („nach Belastung“) verhalten. Dieser Test wird „Erweiterter Glukosetoleranztest (oGTT) mit Insulinbelastungstest“ genannt. Damit können beispielsweise Hyperinsulinämie nach Belastung Unter- und Überzuckerung (Hypoglykämie oder Hyperglykämie) diagnostiziert werden. Diese Erscheinungen treten oft bei Insulinresistenz auf. Gute Ernährungsberater brauchen diese Werte, um die richtige Ernährungsform zu finden und an den jeweiligen Patienten anzupassen.

Oft können auch bei guten Nüchternwerten schlechte Werte nach Belastung auftreten und es werden daraufhin nicht selten Medikamente verschrieben. Ein erweiterter oGTT ist deshalb von großer Bedeutung für die richtige Behandlung.

Normen für Insulinwerte nach Belastung

Bezüglich der Insulin-Normwerte nach dem Essen sei gesagt: Diese sind aufgrund mitunter großer körperlicher Unterschiede nicht auf alle Patienten gleichermaßen anwendbar. Oft muss der Arzt individuell entscheiden, ob und in welchem Maße die Werte tatsächlich erhöht sind und wo die Ursache dafür liegt.

Diese Normen werden am häufigsten benutzt (sie variieren jedoch je nach Land /Arzt/ Labor):

< 10 mU/ml nüchtern
< 50 mU/ml nach 1 Stunde
< 30 mU/ml nach 2 Stunden
< 10 mU/ml nach 3 Stunden

Labor Normen für Insulin (nüchtern)
3 – 25 mU/ml

Vielfach wird kommuniziert, dass der anzustrebende Wert möglichst bei neun und kleiner liegen sollte. Dies zugrunde gelegt kann also schon ein Insulinwert nüchtern höher als 10mU/ml auf eine Insulinresistenz hindeuten. Oft wird das Ausmaß der Insulinresistenz mithilfe des sogenannten „HOMA-INDEX“ (Homeostasis Model Assessment) bestimmt.

Der HOMA-Index:

Bei Werten HOMA-IR > 0,91 (+/- 0,38) kann bereits eine Insulinresistenz diagnostiziert werden. In manchen Quellen gelten für den Homa-Index Referenzwerte von > 1,0, > 1,5 oder > 2, wie das beispielsweise in Deutschland und Polen üblich ist. Bei Kindern ist dieser Wert variabel und kann höher als bei Erwachsenen sein, vor allem in der Zeit der Pubertät, in der sich die Sensibilität der Zelle auf Insulin verändert.

Es ist auch möglich, dass der HOMA-Index unauffällig ist (also der Wert um 2 liegt), aber trotzdem eine Insulinresistenz nicht ausgeschlossen werden kann. Bestehen entsprechende Symptome trotz unauffälligem HOMA, so können weitere Untersuchungen Aufschluss geben, ob eine Insulinresistenz vorliegt. Dies geschieht zum Beispiel anhand des QUICKI-Index (Quantitative-Insulin-Sensitivity-Check Index).

Einen HOMA- und QUICKI-Rechner findest du auf der Internetseite

http://insulinresistenz.club/homa

Therapie bei Insulinresistenz

Gegen zunehmende Insulinresistenz kannst du selbst am meisten tun: Ernährungsumstellung, Abnehmen, ausreichend Bewegung und Stressbewältigung stehen bei der Therapie an erster Stelle.

Grundsätzlich gilt: Ernährung ist alles. Sie sollte einen niedrigen glykämischen Index aufweisen – also den Blutzuckerspiegel nicht rasant in die Höhe schnellen lassen. Komplexe Kohlenhydrate sind dagegen sehr empfehlenswert, wenn diese so kombiniert werden, dass die Glykämische Last (GL) der ganzen Mahlzeit nicht zu hoch wird. Glykämische Last für einzelne Produkte

GL Niedrig 0 – 10
GL Mittel 11 – 19
GL Hoch 20 und höher

Die empfohlene Anzahl der Mahlzeiten pro Tag ist individuell verschieden und die Empfehlung kann zwischen drei und fünf schwanken. Zwischen den Mahlzeiten sollte möglichst nur Wasser getrunken werden, um eine zusätzliche Insulinausschüttung zu vermeiden. Beim Essen kannst du dich an folgenden Punkten orientieren:

  • Weniger Kalorien (allem voran zuckerhaltige Getränke oder Süßigkeiten)
  • weniger einfache Kohlenhydrate
  • weniger Fett
  • mehr Ballaststoffe
  • komplexe Kohlenhydrate

Tipps für den Alltag:

  • Wenn du das Gemüse vor den Kohlenhydraten isst, verringerst du die glykämische Reaktion
  • Kohlenhydratreiche Lebensmittel solltest du nur in Verbindung mit Fett oder Eiweiß zu dir nehme
  • Wähle unverarbeitete Lebensmittel
  • Vollkornprodukte sind raffinierten Mehlen immer vorzuziehen
  • Steigere deine Insulinempfindlichkeit durch Bewegung. Sport erhöht die Anzahl der Insulinrezeptoren.  So können deine Zellen das Insulin besser verwerten.

Du hast es selbst in der Hand

Unter dem Strich ist Insulinresistenz keine Diagnose, mit der du ein Leben lang zu tun haben musst. Vielmehr liegt es in deiner Hand, aktiv gegenzusteuern. Sofern nicht andere Grunderkrankungen vorliegen, kannst du allein mit bewusster Ernährung, viel Bewegung und der richtigen inneren Einstellung du viel erreichen. Vermeide Übergewicht, Auch, wenn du nicht von Insulinresistenz betroffen bist, können ein gesunder Lebensstil und Achtsamkeit – allem voran die Vermeidung von Stress – dauerhaft dazu beitragen, dass du lange fit bleibst. Bedenke: Anfangs spürst du nicht, dass du permanent zu viel Glukose im Blut hast. Die Symptome entwickeln sich schleichend und bleiben lange unbemerkt. Auf Dauer können die Folgen eines ungesunden Lebensstils für deinen Körper aber verheerend sein. Denn allein durch die Ablagerungen schon in den kleinsten Blutgefäßen wird die Funktion vieler Organe eingeschränkt. Die richtige Ernährung, Entspannung und Bewegung sind deshalb der beste Weg, um lange gesund zu bleiben und sich wohl zu fühlen.